Woran merke ich, dass ich von Gaslighting betroffen bin?
In unseren Coachings bei Allytime gibt es viele Menschen die Unterstützung bei Fragen zu Beziehungen wollen. Manchmal geht es um Liebeskummer, manchmal um gerechte Aufteilung von Care-Arbeit und manchmal um “ungesunde” Muster in Beziehungen. Öfters fällt auch einmal die Frage “Ich fühle mich oft schuldig und schlecht in meiner Beziehung, woran kann das liegen?”.
Vielleicht fühlst auch du dich in deiner Beziehung oft verwirrt oder unsicher, und bist deshalb auf diesen Artikel gestoßen? Erfahre hier, woran du Gaslighting erkennst – und wie du dir helfen kannst.
Lesezeit 10 min
Was ist Gaslighting überhaupt?
Gaslighting ist eine Form emotionaler Manipulation, bei der eine Person (in Liebesbeziehungen dann oft die jweilige Beziehungsperson) gezielt versucht, dein Vertrauen in deine eigene Wahrnehmung zu untergraben. Sätze wie „Das hast du dir nur eingebildet“ oder „Du übertreibst total“ sind typische Beispiele. Oft geschieht das schleichend – und genau das macht es so schwierig zu bemerken.
Mehr hierzu erfährst du auch in unserem anderen Artikel: https://allywell.de/blog/gaslighting-in-beziehungen
Typische Anzeichen: So fühlt sich Gaslighting an
Vielleicht fragst du dich gerade ob du davon betroffen bist? Hier sind häufige Anzeichen, auf die du achten solltest:
1. Du wirst regelmäßig verunsichert
Du teilst deine Gefühle oder Eindrücke – und bekommst zur Antwort, dass du dir etwas „einbildest“ oder falsch verstehst. Irgendwann fragst du dich selbst: „Stimmt das, was ich fühle, überhaupt noch?“ Du bleibst mit einem verunsicherten und unguten Gefühl zurück.
Beispiel:
Du erzählst deiner/deinem Partner:in, dass du dich beim letzten Abend mit seinen Freund:innen sehr unwohl gefühlt hast, weil ein Kommentar dich verletzt hat. Er sagt:
„Du bildest dir das ein, das war ganz normal – du übertreibst grad extrem.“
Und dann fragst dich plötzlich selbst, ob du wirklich zu empfindlich warst.
2. Deine Gefühle werden abgewertet
Sätze wie „Du bist zu empfindlich“, „Das war doch nur Spaß“ oder „Du machst immer ein Drama“ kommen oft vor. Deine Emotionen werden nicht ernst genommen, sondern als übertrieben dargestellt. Vielleicht hast du das Gefühl dauernd “zuviel” zu sein.
Beispiel:
Du sagst deiner Partner:in, dass dich ein bestimmter Witz über dich gekränkt hat. Er/sie antwortet:
„Ach komm, das war doch nur Spaß! Du bist echt viel zu sensibel. Warum kannst du nie mal über dich selbst lachen?“
Du fühlst dich nicht nur verletzt, sondern auch noch schuldig dafür, dass du es angesprochen hast.
3. Du fühlst dich schuldig – ohne klaren Grund
Egal was passiert, irgendwie bist du immer „schuld“. Dein Gegenüber dreht Situationen so, dass du dich rechtfertigen musst – auch wenn du nichts falsch gemacht hast.
Beispiel:
Dein/e Partner:in vergisst euer gemeinsames Abendessen und sagt dann:
„Na, wenn du mir halt nie Bescheid sagst, kann ich es mir auch nicht merken.“
Obwohl du ihn mehrfach daran erinnert hast, beginnst du zu denken: „Habe ich es wirklich nicht klar genug gesagt?“
4. Deine Realität wird infrage gestellt
Du bist dir sicher, etwas Bestimmtes gesagt oder getan zu haben – doch dein Gegenüber behauptet das Gegenteil. Diese ständigen Widersprüche lassen dich an deinem Verstand zweifeln.
Beispiel:
Du erinnerst deine/n Partner:in daran, dass sie/er letzte Woche gesagt hat, sie/er übernimmt eine Aufgabe. Sie/er antwortet:
„Ich habe nie gesagt, dass ich das mache – du hörst einfach nie richtig zu.“
Du bist dir eigentlich sicher, was du gehört hast, aber ihr/sein fester Ton bringt dich ins Grübeln.
5. Du vertraust dir selbst nicht mehr
Du beginnst, dich selbst zu hinterfragen: „War es wirklich so schlimm?“, „Habe ich überreagiert?“ oder „Vielleicht liegt es ja an mir…“. Dieser innere Zweifel kann dich langfristig zermürben.
Beispiel:
Du hast ein ungutes Gefühl nach einem Gespräch, aber dein/e Partner:in sagt:
„Du interpretierst da schon wieder was rein. Es war doch alles okay.“
Du beginnst zu zweifeln: „Vielleicht war mein Gefühl wirklich falsch …“ Mit der Zeit traust du deinen eigenen Wahrnehmungen immer weniger.
Warum es so schwer ist, Gaslighting zu erkennen
Gaslighting passiert oft versteckt. Die Beziehung wirkt nach außen vielleicht ganz normal – der oder die Andere kann charmant, liebevoll und fürsorglich erscheinen. Doch die subtilen Manipulationen geschehen meist schleichend. Wenn sie regelmäßig vorkommen, untergraben sie nach und nach das Selbstvertrauen und die eigene Wahrnehmung.
Besonders gefährdet sind Menschen mit einem geringen Selbstwertgefühl oder einem unsicheren Bindungsstil. Sie neigen eher dazu, sich selbst infrage zu stellen oder sich die Schuld zu geben – selbst wenn das Verhalten des Gegenübers verletzend oder widersprüchlich ist.
Deshalb ist es so wichtig, diese Muster frühzeitig zu erkennen und ernst zu nehmen. Viele Opfer von Gaslighting brauchen Monate oder sogar Jahre, um zu merken, dass etwas nicht stimmt – gerade weil die Manipulation selten offen oder aggressiv geschieht.
Mini Selbsttest: Bin ich betroffen?
Stelle dir folgende Fragen:
Fühle ich mich in dieser Beziehung oft klein, unsicher oder „falsch“?
Habe ich das Gefühl, meine Wahrnehmung nicht mehr trauen zu können?
Werde ich oft als „zu empfindlich“ dargestellt, obwohl ich nur ehrlich meine Gefühle zeige?
Kommt es häufig vor, dass ich mich für Dinge entschuldige, ohne zu wissen, warum?
Wenn du mehrere dieser Fragen mit „Ja“ beantwortest, könnte Gaslighting eine Rolle spielen.
Was kann ich tun, wenn ich Gaslighting vermute?
1. Vertrau dir selbst – deine Gefühle dürfen ernst genommen werden
Der wichtigste Schritt ist: Glaube dir selbst. Wenn sich etwas falsch anfühlt, dann ist das ein ernstzunehmendes Zeichen.
2.Frage dich, was dich in einer solchen Beziehung hält
Vielleicht hast du dich schon öfters gefragt, warum du eigentlich in dieser Beziehung bleibst, obwohl du dich so oft nicht gut fühlst? Das sind sehr wertvolle und wichtige Gedanken. Möglicherweise könnte Angst vor dem Alleinsein, Angst etwas/jemanden zu verlieren, Angst “es” alleine nicht zu schaffen, oder auch die Hoffnung auf baldige Veränderung Gründe sein warum du noch in so einer Beziehung bist?
Du solltest dich niemals schuldig fühlen, weil du bleibst - viel eher geht es darum zu verstehen warum du bleibst und dass du lernst klare Grenzen gegenüber deiner Beziehungsperson zu setzen.
3. Sprich mit vertrauten Personen
Oft hilft der Austausch mit Außenstehenden, um wieder klarer zu sehen. Rede mit Freund:innen, Familie oder einer professionellen Beratungsstelle.
4.Notiere dir Dinge / Themen die dir wichtig sind
Manchmal kann es helfen eine Weile wie ein Tagebuch zu führen. Dort kannst du dir wichtige Themen/ Gespräche notieren - um bei Zweifeln und Verwirrung noch einmal nachzulesen.
5. Hol dir Unterstützung
Ob Paarberatung, Psychotherapie oder ein Gespräch mit einer Fachperson: Du musst da nicht alleine durch. Es gibt Wege raus aus manipulativen Dynamiken.
Fazit: Gaslighting zu erkennen ist der erste Schritt
Gaslighting kann tiefe Spuren hinterlassen – doch du kannst lernen, dich zu schützen. Das Erkennen der Anzeichen ist der erste wichtigste Schritt. Du hast das Recht, dir selbst zu glauben und Beziehungen zu führen, in denen du gesehen, respektiert und wertgeschätzt wirst.
Suchst du Unterstützung?
Bei AllyTime findest du einfühlsame psychologische Beratung – online und flexibel. Du bist nicht allein!
Hinweis: Wenn du dich akut belastet fühlst oder in einer gefährlichen / gewaltvollen Beziehung bist, wende dich bitte umgehend an eine psychologische Beratungsstelle oder zB. an die Telefonseelsorge. Telefon - TelefonSeelsorge® Deutschland
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